Mancher Laienmusiker träumt davon, einmal im Leben mit einem Profi auf der Bühne stehen zu dürfen. Für die Musiker des Sinfonieorchesters der Neuapostolischen Kirche Freiburg/Tübingen ging dieser Traum am Sonntag, 25.11.18, in Erfüllung. Ermöglicht hat dies ihr Dirigent Roland Wintzen.
Zum letzten von drei Jubiläumskonzerten war das Orchester in die Neuapostolische Kirche Reutlingen-West gekommen. Die rund 1.000 Konzertbesucher erlebten einen fulminanten Abend. In einer ausführlichen Werkeinführung erläuterte der Tübinger Dirigent das Leitmotiv der „Orgelsinfonie“ von Camille Saint-Saens: das „Dies-irae“, Tage des Zorns, ein sehr alter Hymnus über das Jüngste Gericht. Wie sich dieses Motiv wandelt, zuerst düster daherkommt, dann leblos schwebt bis zu einem ängstlichen Tremolo aufsteigend, unterbrochen von einer Pastorale, einen angsterfüllten Herzschlag imitiert und schließlich in einem friedvollen Adagio endet – der zweite Satz mit einem „diabolischen Gelächter“ beginnt, wie der Komponist es einst selbst ausgedrückt hat, in den tiefen Bässen der alte Hymnus wieder aufgenommen wird und die Streicher ein wütendes Höllenfeuer entfachen bevor die Sinfonie in einem prächtigen Finale den Triumph des Lichts über den Tod markiert– dies zeigte das Orchester in Ausschnitten, bevor das gesamte Werk zu hören war. Satte Bässe, sanfte Streicherteppiche, mächtige Blechbläser, präzise modulierende Holzbläser, einen vollen Klang und zartes Pianissimo präsentierte das Tübinger Orchester seinen Reutlinger Nachbarn im Publikum, die begeistert mitgerissen wurden. Von der Pikkoloflöte über Triangel, Klavier, bis hin zum Kontrafagott waren fast alle Instrumente vertreten, die ein Sinfonieorchester ausmachen. Und über allem glänzte die Orgel, gespielt von Jan-Thilo Bayer.
Nach der Pause betrat mit Alexandre Dubach ein bescheiden wirkender Mann die „Bühne“, ganz ohne Starallüren. Der schweizer Geiger, Schüler von Yehudi Menuhin und namhafter, vielfach ausgezeichneter Solist brachte mit dem Orchester Nicolò Paganinis Concerto für Violine und Orchester zur Aufführung. Und das Publikum hielt den Atem an vor Staunen. Mit einem zarten Schmelz in den höchsten Tönen, sattem und warmem Klang in den tiefen Lagen und mit rasanter Virtuosität ließ Alexandre Dubach alle Anwesenden in seinen Solopartien Zeit und Raum vergessen, ganz versunken in seine Musik. Wie er mit dem Orchester zusammen musizierte und immer wieder kommunizierte, zwischendurch ein fröhlich-neckisches Zwiegespräch mit dem Xylophon führte, das alles ließ den Traum der Musiker in Erfüllung gehen.