Am Sonntagvormittag, 23. Februar 2020 besuchte Bischof Bernd Bornhäusser die Gemeinde Reutlingen-Süd. Dazu eingeladen waren auch die Gemeinden Eningen, Kusterdingen, Kusterdingen-Mähringen und Reutlingen-Sondelfingen.
Als Predigtgrundlage diente das Bibelwort aus Matthäus 5, 44 und 45: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
Zu Beginn zeigte Bischof Bornhäusser den Wert des Sonntags: Er ist ein besonderer Tag im Ablauf einer Woche. Wir finden uns an diesem Tag zusammen in der Gemeinschaft, im Kreis der Gemeinde, bekennen uns zum Glauben und empfangen Gnade im Sakrament des Heiligen Abendmahles. „Sonntag“, so der Bischof, ist wie eine „Weiterbildungsmaßname“. Schon im Natürlichen muss man ständig am Lernen und an der Fortbildung bleiben. Es darf kein Stehenbleiben geben. Genauso ist es auch mit der Lehre Jesu. Durch das Besuchen der Gottesdienste werden wir ständig weitergebildet, um in das Wesen Jesu Christi hineinzuwachsen.
Im vorgelesenen Bibelwort, so Bischof Bornhäusser weiter, erinnert Jesus an die Nächstenliebe. Jesus war Mensch geworden und war aber gleichzeitig der Sohn Gottes. Er kannte die Menschen und hatte alles selbst erlebt. Jesus zeigte mit diesem Wort aus der „Bergpredigt“, dass es nicht möglich ist, mit allen Menschen gut zu sein. Es kann also durchaus sein, dass man „Feinde“ hat. Der Begriff „Feinde“ bedeutet, dass es welche gibt, die einem nichts Gutes tun, die einem nicht wohlgesonnen sind. Dies kann es überall geben, auch in der Familie, auch einmal in der Gemeinde. Das erleben wir auch selbst.
Es geht nun darum – und das muss unsere tägliche Aufgabe sein -, dass wir für alle beten, dass wir dem anderen – egal, wie er ist, egal, welcher Fakultät er angehört usw. – Gutes und Segen wünschen, dass wir ihm dennoch das Heil aus Jesu Christi gönnen. Der Herr liebt alle Menschen! Gott hat so viel Liebe, die er auch uns geschenkt hat, dass auch wir allen die Liebe schenken können. Wir müssen mit dem „Feind“, mit demjenigen, der uns nicht gut gesonnen ist, sachlich und friedlich umgehen. Ohne Böses zu reden, zu denken und zu tun. Es gilt stets, so der Bischof, unsere Grenzen zu überprüfen.
Als praktisches Beispiel zeigte der Bischof, dass wir unser Gegenüber nicht einfach nur anschweigen, ihm nicht mit Ablehnung begegnen; nichts Unwahres über ihn sagen. Manchmal reicht der Klang der Stimme, die Auswahl der Worte aus, um schon Gerüchte über einen Menschen entstehen zu lassen. Sind wir schnell beim Zuhören, aber lassen wir uns Zeit zur Antwort, so der Rat des Bischofs!
Zur weiteren Wortverkündigung wurde Priester Alexander Pfäffle, Gemeindevorsteher der Gemeinde Gomaringen, aufgefordert. Er verwies darauf, dass die Heilige Schrift damals in der griechischen Sprache verfasst wurde. Im Griechischen gibt es allein fünf Begriffe für das Wort „Liebe“. Im Deutschen dagegen nur ein Wort. So kann man „Liebe“ viel differenzierter ausdrücken. Die Liebe zum Nächsten zeigt sich auch darin, wie ich ihm begegne! Ausgrenzung schafft keinen Frieden! Man kann keinen Frieden haben, wenn der andere mein Feind ist. Der „andere“ ist immer mein Nächster, so Priester Pfäffle.
Evangelist Grauer, stellvertretender Bezirksvorsteher im Bezirk Reutlingen, verwies noch auf einen Ausspruch von Stammapostel Fehr, der einmal sagte: „Der Heilige Geist gibt die Kraft, alle zu lieben!“ Er zeigte, dass wir unsere Nächsten nicht in zwei Gruppen aufteilen: „Richtig“ und „Falsch“! Es gelte, jeden anzunehmen. Diese Einstellung gibt uns Kraft und bringt uns auch Segen.
Musikalisch wurde der Gottesdienst von einem Gemischten Chor aus Sängern der eingeladenen Gemeinden umrahmt. Dirigent war Priester Dietrich Faiss.