Seinen letzten Gottesdienst hielt Apostel Volker Kühnle am Donnerstag, 5.12.19, in der Neuapostolischen Kirche Reutlingen-Süd. Am Sonntag, 8.12.19, wird er in einem feierlichen Gottesdienst des Stammapostels Jean-Luc Schneider in Fellbach zusammen mit Apostel Wolfgang Zenker (München) in den Ruhestand treten.
Mit Wehmut blickten die zur Wortverkündigung aufgerufenen Amtsträger auf die langjährige Tätigkeit des Apostels zurück. Kleine Anekdoten, auch aus gemeinsamen Zeiten in Afrika, und große Dankbarkeit brachten Bischof Bernd Bornhäusser, Bezirksvorsteher Joachim Raff aus Göppingen/Kirchheim und der hier ansässige Bezirksvorsteher Christian Probst zum Ausdruck. Ab Sonntag wird der Apostelbereich Nürtingen – mit Ausnahme des Kirchenbezirks Göppingen/Kirchheim – durch Apostel Jürgen Loy aus Stuttgart geleitet. Die „Göppinger“ werden künftig zum Apostelbereich Ulm unter der Leitung von Apostel Hans-Jürgen Bauer gehören.
Zum letzten von ihm gehaltenen Gottesdienste kam als Überraschungsgast Bischof Peter Johanning, Kirchensprecher der Neuapostolischen Kirche International. An der Orgel saß Bischof i.R. Eberhard Koch, der lange Jahre als Bischof an der Seite des Apostels stand. Volker Kühnle wirkte fast 30 Jahre als Apostel im Bereich Nürtingen. „Die Jüngeren unter uns kennen gar keinen anderen Apostel“, so der aktuelle Bischof Bornhäusser. Die „Jüngeren“, der Jugendchor Reutlingen-Nürtingen, überraschten Apostel Kühnle denn auch nach dem Gottesdienst mit einem Lied aus ihrem Konzertprogramm „Er ist ein Licht“. „Mir ist wohl in dem Herrn“ erklang in englischer Sprache gesungen am Ende dieses denkwürdigen Gottesdienstes aus den jugendlichen Kehlen, und damit fassten sie wohl das Empfinden der anwesenden Gemeinde treffend zusammen.
Neben der gastgebenden Gemeinde Reutlingen-Süd waren auch die Glaubensgeschwister der Gemeinde Reutlingen-West eingeladen, sowie alle Bezirksämter und Vorsteher des Apostelbereichs Nürtingen. Sie bildeten gemeinsam einen „zusammengewürfelten Chor“, wie Apostel Kühnle in seiner Predigt anmerkte, der aber „erstaunlich gut zusammenwirke“. So sei es auch in den Gemeinden und Bezirken: dort treffen viele unterschiedliche Charaktere, Erwartungen, Hoffnungen, Geschmäcker und Wünsche zusammen. Diese Vielfalt bereichert und so gab Apostel Kühnle gleichsam als Rat für die Zukunft den Anwesenden mit, aus dieser Vielfalt auch die Freude und Impulse mitzunehmen, um im Segen Gottes Schritt für Schritt in eine große Zukunft weiterzugehen.
Im Rückblick auf sein Leben hätte manche unangenehme und schwierige Situation zum „Wachsen einer Hornhaut“ gedient. Aber vor allem hätte ihn das Psalmwort durch sein Leben begleitet, das er als Grundlage für seine Predigt gewählt hat: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat (Psalm 103, 2). Der Aufruf zum Loben gilt hier in diesem Psalm nicht irgendjemandem, sondern „mir, meiner Seele“. Und so dankte Apostel Kühnle der ganzen Gemeinde, seiner Familie und besonders seiner Ehefrau für die Treue und Beständigkeit, in der sie vielfältig und oft verborgen Gutes gewirkt hatten, nicht aus einer Spekulation oder Lohnerwartung heraus, sondern als Dienst für den Herrn Jesus Christus. Die Vielfalt der Gaben, immer ausgerichtet auf den Herrn, schafft Freude. Wir wollen in unserem Werk und Wesen, gleichsam als stille Predigt, ausdrücken, dass wir wohl verstanden haben, was für ein großartiger Wohltäter Gott ist. Er ist der Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Beim Sichtbaren bleiben wir jedoch oft zu sehr am Negativen und an den eigenen „kleinen Wehwehchen“ hängen , aber wichtig ist, beide Dimensionen zu betrachten. Gott hat uns Menschen in seiner Ebenbildlichkeit geschaffen, und zwar nicht dem Äußeren nach, sondern nach dem inneren Menschen. Blicken wir also nicht auf äußere Unvollkommenheiten, sondern achten wir auf den inneren Menschen. „Natürlich könnte ich mich ärgern, aber wer zwingt mich denn dazu?“ Apostel Kühnle gab seiner Gemeinde gleichsam als Abschiedsgruß den Rat mit, dem zu vertrauen, der über allem steht, in allem wirkt und sich in allem erfahrbar macht. Und dabei doch nicht weltfremd zu werden, sondern mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität zu bleiben.
„Wovon lasse ich mich bestimmen?“ Zähl die vielen Gnadengaben, vergiss im Kummer nicht, was Gott Gutes getan hat, so sagt ein Kirchenlied. Konzentrieren wir uns also auf die tiefen geistlichen Werte. Auch wenn uns manches Ungute von Menschen widerfährt: beißen wir doch um der Sache willen die Zähne zusammen – „ich wage es mit meinem Gott weiter“.
Zum Schluss seiner Predigt erinnerte sich Apostel Kühnle an manche Begegnung hier und auf seinen Reisen nach Afrika. Dankbar blickte er zurück auf viele Gespräche, auch im Bereich der Ökumene und des interreligiösen Dialogs, die seinen Glauben stärker werden ließen und ein absolutes Vertrauen in Gottes Wegführung geschenkt hätten. „Da schenke Gott Gnade.“