Geformte Klangfülle
In der ganzen Breite des Kirchenraumes stellt sich der imposante Chor auf - es ist der Regionalchor der Neuapostolischen Kirche Nürtingen. Davor nimmt das reich besetzte Orchester Platz - es handelt sich um die Junge Philharmonie der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland. Zwei große Klangkörper, die schon von der Optik her Breitwandwirkung signalisieren. Breit und voll strahlt dann auch der Klang ab, als bei diesem Konzert am Vorabend des Totensonntags in der Neuapostolischen Kirche in Betzingen der Introitus zu Mozarts »Requiem« anhebt. Aber - und das gilt für die gesamte Aufführung - die Klangfülle wirkt niemals massig. Eine dichte Klarheit öffnet sich, denn die Register im Chor sind gleichwertig besetzt. Man hört aufeinander. Die Proportionen stimmen. Die Fülle wird zum Erlebnis einer geordneten, beweglichen, ausdrucksfähigen Einheit.
Kompetentes Orchester
Gleiches gilt für das Orchester mit seinen sehr potenten Bläsern, die schon mit ihrem Bruckner-Präludium Volumen und Musikalität verbunden hatten, sowie für die hervorragenden Streicher, die immer präsent waren und mit ihrer Präzision und ihrer feinen, auch im Forte noch feinen Tongebung eine tragende Stimme gewesen sind. Uwe Münch, der weiträumig und genau und inspirierend dirigierte, hat die Geschlossenheit und das Durchdrungensein von Vokalem und Instrumentalem bei dieser berührenden und oft auch packenden, den Ernst Mozarts annehmenden Aufführung verbürgt. Das »Kyrie« singt der Chor deutlich und mit Energie. Im »Dies irae« setzt er dramatischen Druck und scharfen Glanz ein, ein zartes Wenden des Klangs nach innen, Schlagkraft und ein fast schon entrücktes Piano. Die Kontraste dieser Sequenz treffen den Hörer in solch prägnant ausgearbeiteter Eindringlichkeit.
Ausgewogene Solistenbeiträge
Die Gesangssolisten mit Myriam Mayer, Sopran, Carolin Strecker, Alt, Jo Holzwarth, Tenor, und Jens Paulus, Bass, harmonierten mit ihren schlanken, schönen Stimmen auf einer ausgewogenen gemeinsamen Linie. Wie etwa im »Recordare«-Quartett oder im »Benedictus«. Bei den Fugen bewies der Chor Standfestigkeit und Größe. »Quam olim Abrahae« - da wirkte sein Volumen geradezu beschwingt im orgelhaft vollen Werk und die Akzente hatten geschliffene Wucht. »Osanna in excelsis« - da kam zum zügigen Jubel sogar noch Brillanz hinzu. Andererseits hat Uwe Münch auch auf die vertiefenden, die frommen Bereiche geachtet, wenn Mozarts Musik in eine ganz andere Sphäre hinübergeht wie" am Ende des. »Lux aeterna«, wenn der Chor in einem ruhigen Ritardando gleichsam die Hände faltet. Ergreifend, beeindruckend und musikalisch fundiert ist diese Aufführung des Mozart-Requiems mit den Ergänzungen von Süßmayr gewesen. Nach einer Zeit der Stille gab es dafür den verdienten großen Beifall. GEA 26.11.12 (hdw)