In Zeiten einer sich rasch ausbreitenden Corona-Pandemie ergriff Bezirksältester Christian Probst am Sonntag, 15.3.2020, eine außergewöhnliche Maßnahme: Zum Schutz der Glaubensgeschwister wurden alle Gottesdienste im Kirchenbezirk abgesagt. Er selbst hielt einen Gottesdienst in Reutlingen-Süd, zu dem alle Geschwister von zu Hause per Telefonkonferenz angeschlossen sein konnten. Ein ausführlicher Bericht zum Nachlesen und für alle, die sich nicht verbinden konnten.
Der Bezirksälteste hatte sich für diesen Gottesdienst nur "weitläufig" umgeben von seinen Stellvertretern und den Vorstehern der Gemeinden, um eine mögliche Ansteckung zu vermeiden. Seiner Predigt lag das Prophetenwort aus Jesaja 55, 10-11 zugrunde: "Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende."
In Zeiten, die uns irritieren, befremden oder gar Angst machen, stärkt und tröstet uns das Wissen, dass Gottes Wort uns nahe ist und er seinen Bund mit uns nicht fallen lässt (Jesaja 54, 10), führte Bezirksältester Probst aus. Ein Bund soll nie einseitig sein, er wird immer zwischen mindestens zwei Seiten geschlossen, davor stehen oft viele Gespräche und Einigungen zwischen den Beteiligten.
Gottes Bund mit den Menschen ist:
- im Sakrament der Wassertaufe sichtbar
- im Sakrament der Geistestaufe spürbar geworden und wird
- im Heiligen Abendmahl erlebbar.
Gott ist uns gegenüber in Vorleistung getreten und wir wollen auch eine sichere "Vertragspartei" sein. Dies ist unsere Lebensaufgabe, auch und besonders in Zeiten, in denen wir mehr Fragen als Antworten haben.
Gerade für uns heute bringt der Prophet im Anfang des vorgelesenen Kapitels (Jesaja 55, 1-3) einen "hoch interessanten Hinweis", was wirklich wichtig ist: "Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben."
Wir sollten nicht krampfhaft versuchen, etwas Unerreichbares zu erreichen, das doch keinen bleibenden Wert hat. Andererseits widerspricht auch die fatalistische Haltung, nur zu beten und sich gar nicht um irdische Belange zu kümmern, der Lehre Jesu Christi. Es ist eine Frage der Wertigkeit, welche Prioritäten wir in unserem Leben setzen. Wir sind gerade jetzt gefordert, mit ruhiger Hand und Weisheit sowie Verstand zu wirken.
In Zeiten der Angst und der Unsicherheit dürfen wir dorthin kommen, wo wir Halt finden, von Gottes Geist leiten lassen in Sorgen, Belastungen und Trauer, damit wir nie den Boden unter den Füßen verlieren.
Im vorgelesenen Bibelwort spricht Jesaja den Wasserkreislauf an. Dabei nutzt er nicht den Konjunktiv, denn das Wort ist ultimativ gültig und 100%ig verlässlich. Es ist ein nie endender Kreislauf, der in sich geschlossen ist und doch fällt für die Fruchtbarkeit der Erde immer genügend Wasser ab. In diesem Zusammenhang erwähnte Bezirksältester Probst Jesu Gleichnis vom vierfältigen Ackerboden, bei dem der Same unter Dornen, auf den Weg und auf steinigen Boden fällt, wo das Wasser und das Saatgut keine Chance haben, dauerhaft zu existieren. Nur auf dem "guten" Land, auf vorbereitetem Land, besteht eine größtmögliche Chance auf Wachstum. Dazu müssen die Dornen und Steine entfernt werden, also beispielsweise die Haltung "Ich habe eben meine Ecken und Kanten, ich bin halt so". Gott fordert uns zu einer dynamischen Veränderung auf, wir müssen die Dornen der Verletzungen und des Zweifels wegräumen.
Der "Weg" aus dem Gleichnis steht für das "Plattgewalzte". Einen Weg aufzugraben, kostet Kraft und Energie, aber wenn das erste kleine Loch einmal gegraben ist, geht es einfacher. Es steht in unserer Verantwortung, aus dem Weg, den Dornen und den Steinen in unserem Herzen ein "gutes" Land zu machen, hin zu Jesus Christus. Das Wachstum zeigt sich im Segen Gottes, in dem Gefühl, in Gottes Hand getragen und gehalten zu sein.
Als einen weiteren "Kreislauf" führte der Bezirksälteste noch an: Das Wort wurde Fleisch, kam auf die Erde, wirkte dort und ging zum Vater zurück. Jesus Christus hat etwas Großartiges bewegt und wir dürfen daran teilhaben. "Werde noch intensiver Teil dieses Kreislaufs, mach dich zum Weiterverbreiter von dem, was du empfängst." Jesus sät immer, auch heute noch. Die Frage ist: Wo stehen wir, was machen wir mit dem Empfangenen? Seien wir "gutes Land", entfernen wir mit der Kraft von oben alle Dinge, die das Wachstum hindern.
Zu weiteren Predigtbeiträgen wurden noch die beiden stellvertretenden Bezirksleiter, Evangelist Matthias Grauer und Bezirksevangelist Claus-Peter Wagner, gerufen. Der Gottesdienst kann überschrieben werden mit "Wechselspiel aus Harren und Handeln", so Evangelist Grauer. Wir sind in diesen Kreislauf eingebunden und sollen nicht "verkrampfen", sondern auf Gott vertrauen in diesen turbulenten Zeiten. "Gott wirken lassen: Verlass dich auf deinen Herrn, kümmere dich um deine Angelegenheiten und vertraue darauf, dass Gott das Seine tut!", so fasste Bezirksältester Probst den Gottesdienst zusammen.
Bezirksevangelist Wagner beschrieb, dass er von Kindesbeinen an in der "Muttergemeinde" Reutlingen-Süd manche Gottesdienste erlebt hat, dass dies aber ein ganz besonderer sei. Es gab in der Geschichte der Gemeinde durchgehend eine "Kraft im Herzen", die alle Familien gestützt hat, in Armut, Kriegszeiten und in Gottesdiensten "unter Beobachtung". Verfolgten wurde hier Schutz gewährt, in Leid, Trauer und Krieg hat die Gemeinde zusammengehalten. Aus dieser Gemeinde sind neue entstanden und bei aller - auch zukünftiger - Veränderung bleibt doch das Wort Gottes beständig, der angesprochene "Kreislauf" Gottes wird nicht unterbrochen. Das Wort Gottes schafft bei allen Veränderungen Kraft und Mut für heute und für die Zukunft, sichert Kontinuität und Stabilität im dreieinigen Gott, gibt Halt und Trost.
Das sprichwörtliche "Hab ich immer so gemacht und mache ich auch weiter so" ist eigentlich ein negativer Hemmschuh für Veränderungen und Fortschritt. Nicht so bei Gott, denn er sagt uns: "Liebe Seele, ich habe dich schon immer geliebt und das mache ich auch weiter so."
Nach einem - mit der großen "unsichtbaren" Gemeinde - gemeinsam gesungenen Bußlied und dem gesprochenen Vater Unser, feierten die Anwesenden in Reutlingen-Süd Abendmahl. Zu den nur telefonisch Verbundenen sagte der Bezirksälteste: "Seid getrost, der Gott dieses "Kreislaufs" ist in der Lage, euch auch zu Hause die Kraft im Nahesein zu geben".
Am Montag, 16. März 2020, berät sich Stammapostel Jean-Luc Schneider mit den europäischen Bezirksaposteln über das weitere Vorgehen für die nächsten Wochen. Hier auf der Website wird zeitnah darüber informiert, wie und wann es mit Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen im Kirchenbezirk weiter gehen wird.